Eine Krone, die beflügelt
Lisa lässt sich auf ihren kahlen Kopf eine Henna Krone malen. Die Krone gibt im Krebsalltag Mut und Lebensfreude.
Text: Sibylle Augsburger Hess
Lesezeit: 4 Minuten
«Ich fühle mich stärker und hübscher», so Lisa über die Henna Krone, die ihren Kopf schmückt.
Lisa verliert durch die Chemotherapie ihre Haare. Ihren kahlen Kopf versteckt sie nicht unter einer Perücke, sondern lässt sich eine Henna Krone malen. «Eine Perücke zu tragen, hat sich für mich falsch angefühlt. Ich wollte meine Glatze nicht verstecken», erzählt sie.
Für die Henna Krone wird mit natürlichem Henna ein Muster, traditionell ein feminines Muster aus Ornamenten, auf den kahlen Kopf gemalt, das drei bis vier Wochen hält. Die Symbole sollen Frauen, die ihre Haare durch Krebs verloren haben, helfen, ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen, positive Kräfte bestärken und negative Energie abwehren.
Lisa wird von der Künstlerin, die das Muster malt, instruiert, wie sie sich vorbereiten muss: Den Kopf nass rasieren und es sich mit einer warmen Decke und einer Wärmeflasche auf einem Stuhl bequem machen.
«Eine Perücke zu tragen, hat sich für mich falsch angefühlt. Ich wollte meine Glatze nicht verstecken»
Während drei Stunden entsteht die kunstvolle Bemalung auf ihrem Kopf. Die Künstlerin Jana Schell zeichnet frei Hand und spricht Muster und Formen mit ihr ab. «Es hat einfach gepasst», sagt Lisa und ergänzt: «Es war ein wohltuendes Erlebnis, das Resultat wunderschön und überwältigend. Ich war gerührt und stolz, dieses Kunstwerk tragen zu dürfen.»
Die Diagnose Brustkrebs erhielt Lisa im vergangenen Juni. Als surreal und niederschmetternd beschreibt sie diesen Moment und vergleicht die aktuelle Chemotherapie mit einer Achterbahn der Gefühle. «Die Henna Krone beflügelt und gibt im grauen Krebsalltag wieder einen leichten Aufwind, Mut und Lebensfreude. Ich fühle mich stärker und hübscher», sagt sie.
Mit viel Geduld und Liebe zum Detail trägt Jana Schell die kunstvolle Bemalung frei Hand auf.
«Es war ein wohltuendes Erlebnis, das Resultat wunderschön und überwältigend. Ich war gerührt und stolz, dieses Kunstwerk tragen zu dürfen.»
Lisa will sich von der schlimmen Diagnose nicht runterziehen lassen. Wichtig ist ihr der offene Umgang mit der Erkrankung und der Austausch mit anderen betroffenen Frauen. Einmal im Monat trifft sie sich im «Krebsclub» mit fünf Frauen, die ebenfalls an Brustkrebs erkrankt sind. Beim nächsten Treffen werden Weihnachtsgutzi gebacken. Sie schätzt es, gemeinsam etwas zu tun und den Moment so zu verbringen, wie er gerade ist. Die Erkrankung ist dabei ein Thema, jedoch nicht immer. «Auch ohne Gespräch fühle ich mich verstanden», sagt sie. Ganz besonders nach der Diagnose war der Austausch mit Betroffenen sehr wichtig. Eine Mentorin zu haben, die unterstützt, Tipps gibt, weiterhilft und aufmuntert, war für Lisa wertvoll. «Die Erfahrung von anderen Betroffenen hilft, mit der Erkrankung umzugehen und gibt Orientierungshilfe und Hoffnung.»
Im Dezember wird Lisa operiert und möchte sich vor der anschliessenden Bestrahlung nochmals eine Henna Krone auf ihren Kopf zaubern lassen – eine Krone, die sie stärkt und durch die weitere Behandlung begleitet.